Ästhetische Rezeption und Produktion

Dieses Blog dient der Vorlesung "Ästhetische Rezeption und Produktion" von Frau Jun.-Prof. Dr. Sara Burkhardt, für die Studenten des BScE (Bachelor en Science de l'Éducation, Wintersemester 2010/11). Zweck des Blogs sind
dementsprechend regelmäßige Dokumentationen und Reflexionen der Vorlesungs- und Seminarinhalte, sowie Verknüpfungen zu anderen interessanten Themenbereichen.

Sonntag, 9. Januar 2011

Pipilotti Rist: "Ever is Over All"

Die Künstlerin Pipilotti Rist

Elisabeth Charolotte Rist ist eine schweizer Videokünstlerin und trägt den Künstlernamen Pipilotti Rist. Sie studierte nach mehreren Angaben Fotografik an der Hoschule für Agewandte Kunst in Wien und Audiovisuelle Kommunikation (Video) an der Schule für Gestaltung in Basel.

"Ever is over all"

Die Viedeo-Installation  "Ever is over all", beziehungsweise "Immer ist überall", zeigt eine junge Frau in türkisfarbenem Kleid und roten Lackschuhen, die vor dem Hintergrund monotoner Häuserzeilen in tänzerischen Schritten und voller Tatendrang von Auto zu Auto schlendert und die Fenster der Wagen mit einer Fackel-Lilie einschlägt. Es handelt sich bei dieser Installation um eine Video-Installation die geloopt wurde: "Die Straßenszene ist ein Traum in die Unendlichkeit. Jeder Schlag ins Autofenster scheint die Frau zu erleichtern. Für sie sind es Scherben des puren Glücks, die ihr entgegenfliegen. Fast scheint es wie eine Art Befreiungsschlag. Die Blume in ihrer Hand ist eine Fackel-Lilie. Ist es ihr verlängerter Arm aus Stahl? Ein Phallussymbol? Befreit sich hier die Weiblichkeit mit Hilfe eines männlichen Symbols? Oder ist es die pure Lust, mit einer Konvention zu brechen?" (Andrea Meier, 2008. In 3sat Kulturzeit)

Besonderheiten

Zentrale Stilmittel dieser Künstlerin sind Ironie, Spontaneität und Assoziation und ihre Arbeiten haben somit oft etwas Spielerisches und Humorvolles. Mit "Ever Is All Over" durchbrechen wir die Welt der Vernunft und werden für einen kurzen Moment zu angst- und gedankenfreien Kindern." (Andrea Meier, 2008. In 3sat Kulturzeit) Mit dieser Aussage kann ich noch einmal einen Bezug zu meinem letzten Post "Die Leichtigkeit des Seins" herstellen, indem ich ebenfalls darüber gesprochen habe, dass die Erwachsenen öfters den Wunsch haben, die Freiheit und Leichtigkeit mit der die Kinder leben, wiederzugewinnen. Pipilotti Rist möchte diese Idee ebenfalls vermitteln, denn in ihrer Video-Installation folgen wir dem Weg ins Unterbewusstsein, welcher uns ins "Epizentrum unserer Phantasieträume, an einen Ort der ungelebten Lust" (Andrea Meier, 2008. In 3sat Kulturzeit) führt. SIe zeigt die Wünsche, die Lust nach denen sich die Erwachsenen manchmal sehen und repräsentiert sie mithilfe dieser Viedeoinstallation. 



Milan Kundera: "Die Leichtigkeit des Seins"

Die Leichtigkeit des Seins

„Das Leichte und das Schwere, hell und dunkel, Liebe und Treue - das ist im Wesentlichen das Grundthema dieses Romans.“ In diesem Beitrag möchte ich allerdings nicht so sehr auf den Roman „Die Leichtigkeit des Seins“ vom tschechischen Schriftsteller Milan Kundera an sich eingehen, sondern auf den Titel, welcher mich bei einer Aufgabe im fünften Seminar der Vorlesung „Ästhetische Rezeption und Produktion“  inspiriert hat.

Die Aufgabenstellung lautete wie folgt: „Bilden Sie Percepte zu der Installation von Rebecca Horn“. 
                                              
                   
Bei dem ersten Bild handelt es sich um die originale Installation „Der Mond, das Kind und der anarchistische Fluss“ von Rebecca Horn (1992). Bei dem zweiten Bild handelt es sich um meine eigene Interpretation dieser Installation, welche ich im Folgenden kurz präsentieren werde.

Ich habe mir die Phantasiewelt der Kinder vorgestellt. Kinder leben zwar in der gleichen „realen Umwelt“ als die Erwachsenen und doch haben sie ihre eigene Welt. Diese Welt der Kinder is anders, deshalb auch das verdrehte Bild mit den Bänken, die oben von der Decke hängen, anstatt auf dem Boden zu stehen. Kinder haben andere Gedanken, andere Träume als die Erwachsenen. Sie wollen hinaus um die Welt zu entdecken. Sie wollen Grenzen überschreiten, Neues sehen, Neues erfahren, Neues lernen. Diese Träume, Wünsche und Gedanken werden durch die farbigen Schläuche inkorporiert, die sich gierig durch die Fenster nach draußen schlängeln: Hinaus in die weite Welt. „Und was ist mit Verantwortung? Verantwortung für das eigene Handeln? Was ist mit Pflichten, oder gar Regeln?“ würden Erwachsene nun empört zur Sprache bringen. Dies ist die „Last“ die auf den Schultern der Erwachsenen ruht, das Pflichtbewusstsein, das Verantwortungsgefühl, die soziale Verantwortung...
Und die Kinder? Sie genießen noch das Gefühl der Freiheit, der Leichtigkeit des Lebens, der ‚Leichtigkeit des Seins’... nach denen sich Erwachsene so oft sehnen. Im Bild wird dies dargestellt durch die Trichter die einige der Gefühle und Träume der Kinder anzapfen und einen kleinen Teil davon aufsaugen. Kinder können den Erwachsenen einen Teil dieses wertvollen Gefühls zurückgeben... durch ihre Lebensfreude, ihren Lebensmut, ihren Lebenswillen... und durch ihre kindliche Sicht einer ‚freien’ Welt...

Ich habe den Roman „Die Leichtigkeit des Seins“ von Milan Kundera noch nicht zu Ende lesen können, aber es gibt ein Zitat das ich noch erwähnen möchte, da es mir in diesem Zusammenhang sehr gut gefällt: „Man kann nie wissen, was man wollen soll, weil man nur ein Leben hat, das man weder mit früheren Leben vergleichen noch in späteren korrigieren kann. Es ist unmöglich zu überprüfen, welche Entscheidung die richtige ist, weil es keine Vergleiche gibt. Man erlebt alles unmittelbar, zum ersten Mal und ohne Vorbereitung.“

The Hidden Curriculum

The Hidden Curriculum

Es handelt sich um eine Aufgabe aus einem der Seminare zur Ästhetischen Wahrnehmung und Produktion. Die Aufgabenstellung lautet wie folgt: „Suchen Sie sich einen Ort auf dem Campus. (Warum dieser Ort? Was ist das Besondere? Was interessiert mich daran?) Beobachten Sie, sammeln Sie und 'zeichnen' Sie das Wahrgenommene auf. Anschlussfragen zur Reflexion: Welcher Raum entsteht durch Ihr aufzeichnendes Vorgehen? Realer Raum? Fiktiver Raum? Reflexionsraum? Möglichkeitsraum? Erinnerungsraum?“

Im Folgenden möchte ich das Ergebnis meines „Hidden Curriculum“ den ich zusammen mit meiner Kommilitonin Linn Gidt erstellt habe präsentieren und erläutern worum es sich eigentlich dabei handelt.



Who knows the secret of this ‚mysterious’ hidden curriculum?
What is covered behind those lines and small circles, painted in the colours of a rainbow?
Are these different colours arranged in a certain way?
Have the elements of the painting a determined constellation?
Is the painting complete? Or are there missing elements?




Wir haben uns für die Bibliothek am Campus Walferdange der Université du Luxembourg entschieden. Da es uns nicht möglich war die ganze Bibliothek in unsere Zeichnung mit einfließen zu lassen haben wir uns für die mittlere Etage entschieden welche den Haupteingang einschließt und somit der zentrale Punkt, das Herz der Bibliothek ist. Wir haben zuerst  den Grundriss dieser Etage gemalt und anschließend die einzelnen Unterteilungen (Rezeption, Regale, Sitzecken, Computerpools, Kopierräume, Eingang, usw.) eingezeichnet. Anschließend haben wir jedem anwesenden Student, sowie jedem Student der im Verlauf der Zeit noch hinzukam, einen bestimmten farbigen Punkt zugewiesen und innerhalb von zwanzig Minuten die Schritte und Distanzen verzeichnet, welche ein jeweiliger Student in der Bibliothek zurückgelegt hat.

                                                                           
Ich finde die Bibliothek einer der interessantesten Orte an der Universität, da sich hier sowohl Professoren als auch Studenten aufhalten und unterschiedlichen Beschäftigungen nachgehen. Mich interessieren die Leute die sich hier aufhalten, wie sie sich verhalten, wie sich ihre Gefühle auf ihrem Gesicht widerspiegeln, wenn sie das richtige Buch für eine Arbeit gefunden haben, wie sie bei der Suche nach einem bestimmten Buch vorgehen. In der Bibliothek herrscht zudem eine ruhige gemütliche Atmosphäre, wo jeder seine Arbeit macht oder seinen Gedanken nachhängt und gemütlich in die Lektüren einiger interessanter Bücher hineinschnuppert. Da ich Bücher liebe, ist dies ein ganz besonderer Ort für mich. 

Durch unser aufgezeichnetes Vorgehen entsteht sowohl ein Möglichkeitsraum als auch ein Erinnerungsraum. Ein Möglichkeitsraum insofern, dass man nicht mit Sicherheit sagen kann, was die farbigen Punkte und Linien darstellen sollen. Es gibt viele Möglichkeiten dafür, wen oder was sie möglicherweise darstellen können. Es ist zudem aber auch ein Erinnerungsraum entstanden, der einem (vielleicht zum ersten Mal) bewusst macht, wie man sich in der Bibliothek verhält und wie viel man in einer kurzen Zeit in der Bibliothek in Bewegung ist.

Everything passes and vanishes; Everything leaves its trace; And often you see in a footstep, What you could not see in a face“ (William Allingham, 1824-1889, in The Oxford Book of English Verse, 455) For me, that’s the secret... of the Hidden Curriculum...